Anfang März 2021 beschloss die Bundesregierung nach längerer Diskussion zwischen den zuständigen Ministerien die Inhalte des Lieferkettengesetzes (Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten (Sorgfaltspflichtengesetz). Die weiteren Beratungen in den Gremien dauern derzeit an, ebenso die Diskussionen in Wirtschaft und Verbänden. Aktuell ist geplant, das Gesetz bis zur Bundestagswahl im September 2021 zu verabschieden.
Der Gesetzesvorschlag geht auf den Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte der Bundesregierung zurück. Im Rahmen dessen ermittelte sie mittels Abfragen seit 2018 bei repräsentativen Unternehmen die bereits eingeführten Maßnahmen zur Wahrung der Menschenrechte und appellierte zugleich auf deren freiwillige Einführung bis 2020, was allerdings nur unzureichend erfolgte.
Das neue Gesetz soll nach heutigem Stand die oben erwähnten Sorgfaltspflichten sowie die dafür in den Unternehmen notwendigen Prozesse und Maßnahmen regeln. Diese umfassen u.a. Risikomanagement und -analyse, eine jeweilige Grundsatzerklärung, Präventions- und Abhilfemaßnahmen, Beschwerdeverfahren für Externe sowie Berichtspflichten. Es soll ab 1. Januar 2023 für deutsche Unternehmen mit mindestens 3000 Arbeitnehmern, ab 1. Januar 2024 mit mindestens 1000 Arbeitnehmern gelten. Verstöße sollen mit Sanktionen wie Bußgeldern oder dem Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen geahndet werden.
Was bedeutet der derzeitige Entwurf für Unternehmen und deren Compliance-Verantwortliche? Es entsteht bereits jetzt Handlungsbedarf in den Schnittstellen zwischen Compliance-Abteilungen und der Beschaffung sowie für die Gestaltung vertraglicher Regelungen, da die Lieferketten je nach Branche komplex sein können. Ferner kann auch außerhalb der Lieferketten eine Prüfung, ob Menschenrechte betroffen sind, erforderlich sein, z.B. bei möglichen Auswirkungen auf die Bevölkerung beim Erwerb von Grundstücken oder Betriebserweiterungen in Regionen, in denen besonders zu schützende Bevölkerungsgruppen leben. Weitere Herausforderungen ergeben sich darüber hinaus z.B. aus der Integration der deutschen Regelungen in die Compliancearbeit eines internationalem Konzerns oder für die Einbindung der mittelständischen Wirtschaft, die als Teile der Lieferketten ebenfalls mittelbar und faktisch betroffen sein kann.
Der BCM bietet – auch nach Anregung aus der Mitgliedschaft – eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe zum Thema Lieferkettengesetz an. Wir möchten einerseits den Austausch und das Netzwerken unter den Mitgliedern zum Thema anregen, andererseits Handlungsempfehlungen für unsere Mitglieder diskutieren und erarbeiten, um praxisnahe Unterstützung für die Orientierung und künftige Arbeit in den Unternehmen vor Ort zu bieten. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, sich als Berufsverband in die politische Diskussion einzubringen, wie wir es bereits erfolgreich in anderen Gesetzgebungsverfahren getan haben, oder eine Verbindung zu Angeboten universitärer Lehre herzustellen, denn insbesondere jüngere Berufstätige und Verantwortliche in Unternehmen von morgen nehmen Themen wie die Prävention von Menschenrechtsverletzungen nicht als Überregulierung, sondern positiv als Teil von Unternehmensverantwortung und -kultur wahr.
Wenn Sie sich für die Mitarbeit in der Arbeitsgruppe interessieren, wenden Sie sich gerne an die BCM-Geschäftsstelle unter: geschaeftsstelle@bvdcm.de