Der Berufsverband der Compliance Manager (BCM) äußert sich zum Koalitionsvertrag und begrüßt die Entbürokratisierung durch Anpassung des Beauftragtenwesens und des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes

Die im Koalitionsvertrag angekündigten Vorhaben zur Entbürokratisierung sind aus Sicht des BCM und seines Wissenschaftlichen Beirats ein notwendiger Schritt, um die Wirksamkeit von Compliance in Unternehmen nicht durch übermäßige formale Anforderungen zu gefährden. Zwei zentrale Regelungsbereiche stehen dabei exemplarisch im Fokus: das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz sowie das gesetzlich verankerte Beauftragtenwesen.

„Compliance wird nicht automatisch besser durch immer neue Berichtspflichten und formale Kontrollanforderungen. Gerade im Bereich der menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten begrüßen wir daher ausdrücklich die angestrebten Vereinfachungen“, sagt Dr. Martin Benda, erster Vizepräsident des BCM.

Aus Sicht des Verbandes ist und bleibt ein prinzipiengeleiteter Ansatz, der auf einer klaren Risiko-Orientierung basiert, der richtige Weg. Er sollte sowohl in den Unternehmen wie auch in der Verwaltung und bei der Ausgestaltung gesetzlicher Vorgaben ein Maßstab sein.

Wenn dieser Ansatz ernst genommen wird, entstehen Regelungen, die in der Praxis umsetzbar sind und die ökonomischen Interessen der Unternehmen mit den legitimen Schutzinteressen der Allgemeinheit in ein angemessenes Verhältnis setzen. Gleichzeitig können unnötige Überwachungs- und Berichtspflichten vermieden werden – ohne die Zielsetzung der Regelungen zu gefährden. Vor diesem Hintergrund ist auch das im Koalitionsvertrag verankerte Ziel zu sehen, die Zahl der gesetzlich verpflichtend zu bestellenden Beauftragten zu reduzieren. Der Berufsverband der Compliance Manager sowie der ihn begleitende Wissenschaftliche Beirat beobachten bereits seit Jahren mit immer mehr Unverständnis die wachsende Zahl an Beauftragten und die sich um die Beauftragten bildende Bürokratie. Die komplexen und zudem zwischen den Beauftragtenrollen inhomogenen Regelungen, führen in der Praxis zu zahlreichen Herausforderungen und erhöhten Kosten für die Unternehmen. Das ist keine begrüßenswerte Entwicklung. Ohne Zweifel gibt es Risiken, die durch die Bestellung hierauf besonders spezialisierter Beauftragter besonders effektiv gemanaged werden können und auch müssen. In solchen Fällen, insbesondere bei herausgehobenem Schutzbedarf, wie etwa dem Schutz von Leib und Leben, ist eine Bestellung gerechtfertigt. Eine solche Rechtfertigung kann es aber nur in engen Grenzen geben. Insofern begrüßen der BCM und sein Wissenschaftlicher Beirat das vereinbarte Ziel in der Koalitionsvereinbarung, die Zahl der Beauftragten, die von Gesetzes wegen zu bestellen sind, zurückzuführen. „Es genügt jedoch nicht, allein die Zahl der Beauftragten zu reduzieren. Vielmehr ist auch die Regelungs-Komplexität zu den einzelnen Beauftragten und deren Aufgaben zu überdenken. Zudem sollten grundlegende Regelungen zu den Beauftragtenrollen einander angeglichen werden“, sagt Dr. Sabine Scholz-Fröhling, Beisitzerin im Präsidium des BCM. Aus Sicht des BCM und seines Wissenschaftlichen Beirates wären daher eine Harmonisierung der Regelungsinhalte und eine prinzipiengeleitete Regelungsgrundlage für das Beauftragtenwesen insgesamt zielführend. Wir brauchen, wie schon an anderer Stelle insbesondere durch das Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates, Prof. Dr. H. C. Uwe Schneider gefordert (Schneider/ Scholz-Fröhling/ Brouwer, Der Mehrfachbeauftragte – Vorüberlegungen zu einem allgemeinen Recht des Beauftragten, CCZ 2023), ein „Allgemeines Recht der Beauftragten“.

Die angekündigten Entbürokratisierungsmaßnahmen setzen an den richtigen Stellen an. Entscheidend wird jedoch sein, ob es gelingt, über Einzelmaßnahmen hinaus eine Grundhaltung zu stärken, die auf risikoorientierte, wirksame und zugleich wirtschaftlich tragfähige Compliance-Regelungen abzielt. Dafür setzen sich der Berufsverband und sein Wissenschaftlicher Beirat weiterhin mit Nachdruck ein.